WELL ADJUSTED PEOPLE

Die „autonome Szene“ auf dem rechten Weg der bürgerlichen Gesellschaft

Moderne Autonome propagieren einen Individualismus, den sie gerne als radikal darstellen. Bei genauerer Betrachtung erweist er sich als ein bürgerlicher, der sich hauptsächlich in der vorgeschriebenen Uniformierung von dem der Neoliberalen unterscheidet – radical chic statt Anzug und Krawatte. Beschäftigung mit Theorie über die Wiederholung von Slogans hinaus, politische Arbeit jenseits von erlebnisorientiertem „Krawall und Remmidemmi“ werden verachtet. Es gilt: Die Sorge um den eigenen Lifestyle ersetzt Politik.
Der sich links wähnende Teil der Tierrechtsbewegung hat es bisher versäumt, sich ein eigenes Profil zu geben. Stattdessen eifert er in Optik und politischen Phrasen der „autonomen Szene“ nach. Mit Blick auf die vergangenen Jahre wird dies mehr als deutlich – z.B. anhand der Übernahme des pseudomilitanten Auftretens auf Tierrechtsdemos oder dem Nachahmen des durch die „autonome Szene“ popularisierten Symbols der „Antifaschistischen Aktion“ als „Antispeziesistische Aktion“. Damit trägt dieser Teil der Tierrechtsbewegung jedoch nicht eine radikal linke Politik in die Bewegung hinein, sondern bürgerliche Ideologie.
Einer Tierbefreiungsbewegung, die eine Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise anstrebt und eine Versöhnung der Gesellschaft mit der Natur zum Ziel hat, kann solch selbstbezogene Politik nicht dienen. Für sie besteht nicht nur die Gefahr, dass sie weiter im Gleichschritt mit der „autonomen Szene“ auf dem Weg der Affirmation der herrschenden Verhältnisse marschiert, sondern auch, dass die Fähigkeit, kollektiv politisch zu handeln, zerstört wird und erfolgreiche Praxisansätze wie das Kampagnenkonzept vernachlässigt oder sogar aufgegeben werden.
Um diesen Zusammenhang von Reaktionären im linken Gewand und dem Problem des mangelnden eigenen Profils der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung zu beleuchten, lädt die Tierrechts-Aktion-Nord (TAN) zu einer Diskussionsveranstaltung ein.

 

Programm

10:00 Begrüßung
10:30–12:30 Verkürzt, regressiv, barbarisch – wie „sexy Communisten“, Jungle-World-Leser und sonstige kritische Kritiker den Antikapitalismus entsorgen
Michael Sommer (Autor, Betriebsrat)
Anschließend Diskussion
12:30–13:30 Mittagspause
13:30–15:30 Wenn „autonome“ Bürger in Uniform ihre Pop-Welten mit der Wirklichkeit verwechseln – eine Ekel-Tour-de-Force entlang des begrenzten Horizonts der „Partyzionisten“, Modeveganer und Kriegsfetischisierer
Susann Witt-Stahl (Journalistin)
Anschließend Diskussion
15:30–16:00 Kaffeepause
16:00–18:00 „Autonomer Antispeziesismus“ – eine Kinderkrankheit der Tierbefreiungsbewegung
n. n.
Anschließend Diskussion
18:00–18:15 Abschließende Worte

 

VERKÜRZT, REGRESSIV, BARBARISCH
Wie „sexy Communisten“, Jungle-World-Leser und sonstige kritische Kritiker den Antikapitalismus entsorgen

Antikapitalismus hat nicht überall einen guten Ruf. Auch in der Linken scheint den Begriff mehr und mehr ein übler Geruch zu umwehen. Nicht jede Kritik am Kapitalismus sei fortschrittlich, heißt es. Verkenne antikapitalistische Kritik die „Totalität des Systems“, laufe sie Gefahr, „die Systemkritik zu personalisieren“. Solche Benennung und Zuordnung von Herrschaft laufe jedoch regelmäßig auf die Reproduktion „antisemitischer Ideologiefragmente“ hinaus. So hört man es immer öfter – von Kreisen der Linkspartei bis zur autonomen Antifa.
Doch welcher Ideologiefragmente bedienen sich „Linke“, denen es mit ihrer Kritik am „verkürzten“, „regressiven“ oder gar „barbarischen“ Antikapitalismus um „die Bewahrung der Errungenschaften der Aufklärung und der bürgerlichen Demokratie“ geht? Was verbindet diese Kritiker noch mit Karl Marx, der die Grundbedingung der kapitalistischen Produktion darin erkannte, dass sich „einerseits Eigner von Geld, Produktions- und Lebensmitteln, denen es gilt, die von ihnen geeignete Wertsumme durch Ankauf fremder Arbeitskraft zu verwerten und andererseits freie Arbeiter“ gegenüberstehen? Und was haben sie schließlich gemeinsam mit Leuten wie Hans-Werner Sinn, der erklärte, die Suche nach vermeintlichen Schuldigen an der derzeitigen Krise führe „in die Irre“, träfe es doch heute die Manager, wie es 1929 „die Juden getroffen“ habe?
Mit einer Spurensuche im phraseologischen Dickicht der autonomen Blogger- und Antifa-Szene soll diesen Fragen nachgegangen werden.

 

WENN „AUTONOME“ BÜRGER IN UMIFORM IHRE POP-WELTEN MIT DER WIRKLICHKEIT VERWECHSELN
Eine Ekel-Tour-de-Force entlang des begrenzten Horizonts der „Partyzionisten“, Modeveganer und Kriegsfetischisierer

„Die Grenzen zwischen Pop und Politik scheinen bei der Wahl von Barack Obama verschwunden“, schwärmt ein Jungle-World-Autor und preist die „gefühlte Utopie“. Das Ende der „konkreten Utopie“ (Ernst Bloch)? Zumindest ein Beweis für die Aktualität von Adornos Kulturindustriethese – einer rigorosen Kritik der Ideologie der Popkultur, die sich „in der Vergötzung des Daseienden erschöpft“.
Der politische Aktionsradius der „autonomen Szene“ reicht seit jeher nicht weit über Fashion und Fiction hinaus: Autonome Feministinnen erniedrigen sich mit lächerlichen Pippi-Langstrumpf-Verkleidungen zu Lolitas. Vegane Markenklamottenträger „raven“ das Grauen der Schlachthöfe aus dem ohnehin schon deformierten kritischen Bewusstsein der radikalen Linken. Seit einigen Jahren wird es auch noch von „antideutschen“ Männerphantasien kolonisiert und pervertiert: Ein Täterenkel und Mitglied des BAK Shalom protzt im Internet unter dem Titel „küssen & shoa“ mit seinen Sex-Abenteuern in Israel – seit die Interieurs autonomer Jugendzentren in die Farben Blau und Weiß getaucht sind, ist die Welt nicht nur eine einzige Villa Kunterbunt, sondern Auschwitz auch sexy. Während in Israel und Palästina weiter waschecht eines gewaltsamen Todes gestorben wird, huldigen deutsche Jungmannen dem „Partyzionismus“, drohen auf ihren Blogs mit dicken IDF-Kanonenrohren und steigern sich in (kultur)rassistische Hass-Räusche gegen Araber.
In dem Vortrag sollen die gängigen Modetrends der „autonomen Szene“ einer gründlichen Kulturindustriekritik unterzogen und gezeigt werden, dass sie nichts anderes als Teil des „Mechanismus der Herrschaft sind, die die Erkenntnis des Leidens, das sie produziert, verbietet“ (Adorno). Er ist ein Plädoyer, Egotronics bürgerliches Popgeplärre zum Schweigen zu bringen, damit das Leiden von Mensch und Tier endlich (wieder) beredt werden kann.

 

„AUTONOMER ANTISPEZIESISMUS“
Eine Kinderkrankheit der Tierbefreiungsbewegung

Analog zu anderen als Kultur- und Herrschaftskritik missverstandenen „Anti-Ismen“, die von den Autonomen als negative Abziehbilder von bürgerlichen Ideologien produziert wurden, stellt auch der „autonome Antispeziesismus“ nichts anderes dar als eine pseudotheoretische, infantile und politisch harmlose Abwehrhaltung gegenüber dem bürgerlichen Speziesismus. Von seinen Befürwortern entschieden als richtige Reaktion glorifiziert, ist er seinem vermeintlichen Gegenüber wesensverwandt – auch wenn „autonomer Antispeziesismus“ und Speziesismus vollkommen unterschiedlich erscheinen. „Alle Moral hat sich am Modell der Unmoral gebildet und bis heute auf jeder Stufe diese wiederhergestellt. Die Sklavenmoral ist schlecht in der Tat: sie ist immer noch Herrenmoral“ (Adorno).
Diese Sklavenmoral, wie sie die „autonomen Antispeziesisten“ vertreten, manifestiert sich darin, dass individuelle Verhaltensweisen und Lebensstile, die selbstreferentiell eigene identitäre Bedürfnisse befriedigen, die gezielte, organisierte Intervention in die Gesellschaft ersetzen. Und gleichzeitig werden die (studierten) Schreiberlinge nicht müde zu erklären, dass die Menschen und Tiere ausgebeutet und unterdrückt werden, angeblich nur weil Speziesisten falsch denken oder sich falscher kultureller Repräsentationen, Symbole und Werte bedienen – ohne jedoch freilich den Grund für die Entstehung falschen Bewusstseins zu suchen.
Auf diese Weise erfüllt der „autonome Antispeziesismus“ nur eine Aufgabe: er trägt zur Entpolitisierung und Diskreditierung des ureigenen, berechtigten und politisch notwendigen Anliegens der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung bei – ebenso wie sein speziesistischer Zwillingsbruder.

 

Allgemeine Informationen

Die Veranstaltung wird am Samstag, den 6. Juni 2009, im Magda-Thürey-Zentrum, Lindenallee 72, Hamburg (U2, Station Christuskirche) stattfinden. Der Eintritt ist frei.
Vegane Getränke und Snacks werden gegen Unkostenbeitrag bereitgestellt.
Eine Anmeldung ist nicht unbedingt erforderlich. Für unsere Planung wäre es jedoch hilfreich, wenn Ihr Eure Teilnahme ankündigt. Für weitere Fragen könnt Ihr Euch per Mail an uns wenden:  tan@tierrechts-aktion-nord.de

 

Downloads

Der Flyer für die Veranstaltung als PDF.

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